Die Weißen in New Orleans waren schließlich auch darüber besorgt, daß schwarze Musiker, von denen es hieß, sie würden Marihuana rauchen, eine derart kraftvolle »Voodoo«-Musik machten, daß selbst anständige weiße Frauen mit ihren Füßen im Takt zu wippen begannen. Der Zweck dieser Musik, so fürchteten die Weißen, sollte wohl die Befreiung vom Joch ihrer Herrschaft sein. Diese Musik hat längst einen eigenen Namen. Es ist der Jazz!
Die Schwarzen benutzten die Angst dieser Rassisten vor der »Voodoo«-Musik offenbar dazu, sich die Weißen vom Leibe zu halten. Als Wiege des Jazz bezeichnet man allgemein das Storeyville in New Orleans. Hier ist auch die Heimat seiner ursprünglichen Erfinder, Buddy Bohlen, Buck Johnson und anderer Jazzmusiker (1909-1917), sowie der Geburtsort von Louis Armstrong (1909).[3]
Amerikanische Zeitungen, Politiker und Polizeikräfte wußten über 15 Jahre lang tatsächlich nicht, daß es sich bei dem Marihuana, das die »Darkies« und »Chicanos« in Zigaretten oder Pfeifen rauchten, um eine schwächere Version der konzentrierten Cannabismedizin handelte, die viele von ihnen kannten, weil sie sie von Kindesbeinen an zu sich nahmen. Sie wußten auch nicht, daß es sich um dieselbe Droge handelte, wie sie in den luxuriös ausgestatteten Haschischstuben des -weißen Mannes- geraucht wurde. Diese Ahnungslosigkeit hielt sich bis in die 20er Jahre hinein, und auch danach verschwand sie nicht gleich.
Die weißen Rassisten hatten keine Ahnung, verfaßten aber zwei Jahrzehnte lang Artikel und erließen städtische Verordnungen und Gesetze, die gegen die aufsässige Anmaßung[5] der marihuanakonsumierenden Schwarzen und Mexikaner gerichtet waren.
Man kann sich vorstellen, wie das weiße Establishment auf die Weigerung der schwarzen Musiker, sich das Gesicht schwarz zu färben, reagierte. Sieben Jahre später, 1917, lag das kulturelle Leben in Storeyville jedenfalls völlig darnieder. Die Apartheid feierte traurige Triumphe.
Die rechtschaffenen ehrbaren weißen Bürger brauchten sich nun nicht mehr darum sorgen, daß weiße Frauen ins Storeyville gingen, um »Voodoo-Jazz« zu hören, und womöglich von marihuanaverrückten »Schwarzen« vergewaltigt wurden. Im Marihuanarausch sollen Schwarze sogar so aufsässig und respektlos gegenüber den Weißen und ihren »Jim-Crow«-Gesetzen gewesen sein, daß sie auf deren (der Weißen) Schatten traten und sich ähnliche Anmaßungen herausnahmen.
Schwarze Musiker zogen mit ihrer Musik und ihrem
Marihuana den Mississippi hinauf nach Memphis, Kansas City, St.
Louis, Chicago und weiter. Prompt erliegen dort die (weißen)
Stadtväter aufgrund der gleichen rassistischen Motive Marihuanagesetze,
wie das zuvor die weißen Bürger von New Orleans getan
hatten. Diese Gesetze sollten die »verwerfliche« Musik
aufhalten und weiße Frauen davor bewahren, durch Jazz und
Marihuana den Schwarzen zu verfallen.
[3] 1930 - ein Jahr, nachdem Louis Armstrong »Muggles« (sprich: Marihuana) aufgenommen hatte - wurde er in Los Angeles wegen einer Marihuanazigarette verhaftet und 10 Tage in Haft gehalten. Er wurde erst wieder freigelassen, als er versicherte, Kalifornien zu verlassen und innerhalb der nächsten zwei Jahre nicht zurückzukehren.
[4] Dr. Munch, ein Chemiker, der für das FBN (Federal Bureau of Narcotics) arbeitete, wurde in den 30er und 40er Jahren von der Regierung und der Presse als Amerikas größte Kapazität auf dem Gebiet der Erforschung der Auswirkungen von Marihuana gepriesen.
[5] Aufsässige Anmaßung: Zwischen 1884 und 1900 sind 3 500 Todesfälle schwarzer Amerikaner und Amerikanerinnen durch Lynchen dokumentiert. Zwischen 1900 und 1917 gibt es Berichte von mehr als 1 100 Fällen. Die Zahlen der tatsächlichen Fälle lagen zweifellos höher. Man schätzt, dag ein Drittel dieser Fälle von Lynchjustiz wegen »Anmaßung« geschah. Als »Anmaßung« galt beispielsweise, wenn ein Schwarzer eine weiße Frau zweimal anblickte (oder dessen beschuldigt wurde), wenn er auf den Schatten eines weißen Mannes trat, oder wenn er einem weißen Mann mehr als drei Sekunden direkt in die Augen blickte, oder nicht auf dem kürzesten Weg in den hinteren Teil der Bahn ging.
Für die Weißen war es eine ausgemachte Sache, daß Marihuana bei Schwarzen und Mexikanern zu »Verderbtheit« führte, ansonsten würden sie es ja nicht wagen, so »anmaßend« zu werden.
Wegen derart nichtiger »Vergehen«, wie wir sie hier angeführt haben, wurden Hunderttausende Schwarze und Chicanos dazu verurteilt, zwischen 10 Tagen und 10 Jahren angekettet in einer Straflingskolonie zu arbeiten.
Das war der eigentliche Zweck der »Jim Crow«-Gesetze, die bis in die 50er und 60er Jahren angewandt wurden. Martin Luther King, die NAACP (National Association for the Advancement of Colored People) und die allgemeine öffentliche Empörung in Amerika sorgten dafür, daß diese Gesetze schließlich aufgehoben wurden.
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